26.01.2020
Handelsrecht
Der Kaufmann hat ein Interesse an der zu verlangenden Interessenwahrung, an der Sorgfaltspflicht gegenüber eigenen
Belangen. Dies ist die im eigenen Interesse gebotene Obliegenheit zur Abwendung oder Minderung des Schadens, denn
den Schadensersatzgläubiger trifft nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die Obliegenheit, nach Möglichkeit und im Rahmen
des Zumutbaren zur Minderung des ihm von dem anderen Vertragspartner zu ersetzenden Schadens beizutragen.
Die
Schadensersatzpflicht des Kunden
wird insoweit eingeschränkt: Bei Nichtbeachtung der Obliegenheiten muss der
Geschädigte den Rechtsnachteil hinnehmen, nicht seinen gesamten Schaden ersetzt zu erhalten. Bei der Entscheidung
zwischen diesen verschiedenen Positionen gebührt dem Verständnis als besonderes oder fahrlässiges Verschulden, als
Verschulden gegen sich selbst, ein relativer Vorrang. Der Schuldbegriff in § 254 BGB ist eine Bezeichnung für ein
Tun oder Unterlassen, das allgemein als versehentliche oder unverständliche Vernachlässigung der eigenen
wirtschaftlichen Interessen empfunden wird, die der Schuldner bei Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt hätte
vermeiden können.
Für die Inkassofälle ist eine zusätzliche Schwierigkeit zu berücksichtigen: Schäden, welche der Geschädigte
Gläubiger durch eigene Handlung, nämlich durch den Auftrag an das Inkassounternehmen, geschaffen hat. Es ist schon
anzunehmen, dass für durchschnittliche Inkassofälle kein Problem bei der Kausalität liegt. Der Verzug des
Schuldners fordert ein solches Verhalten eines Gläubigers heraus. Der Auftrag an den
Fachanwalt
für Handelsrecht ist auch nicht als ungewöhnliche Reaktion anzusehen, denn ein als nicht ungewöhnlich eingestuftes
Verhalten kann nicht als vorwerfbar angesehen werden. Allerdings verlangt der Begriff des Verschuldens im Sinne des
§ 254 BGB nicht unbedingt Vorwerfbarkeit. Dies ist der Ansatzpunkt für die Lösung des Mitverschuldens bei
Dispositionsfällen, in denen der Gläubiger mehr vertragliche Freiheiten hat.
Handelskäufe
Auch hier wird aber dem
geschädigten
Vertragspartner
keine schrankenlose Freiheit gewährt, denn den
Handelskäufen kann nur insoweit Rechnung getragen werden, als sie sich vom durchschnittlichen Marktpreis nicht zu
weit entfernen. Allerdings sind nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte Aufwendungen, die dem geschädigten
Vollkaufmann aus von sich aus unternommenen Schritten zur Beseitigung der Störung eines Exportgeschäftes entstehen,
nur zu ersetzen, wenn sie aus der Sicht eines verständigen Lieferanten in der Lage des Importeurs erforderlich
erscheinen. Insoweit ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Aufwendungen erforderlich waren, insbesondere
auf die in diesem Zeitpunkt angemessene Lieferfrist und andererseits die Zahlungsfrist.
Die beiden dort zuerst genannten Entscheidungen betreffen Exportgeschäfte, mit welchen nachteilige Kursschwankungen
ausgeglichen werden sollen. Hier berücksichtigt das deutsche Recht die schutzwürdigen Interessen des Schuldners in
Deutschland, die sich aus der Vertragsfreiheit ergeben. Im
grenzüberschreitenden Handel
sind zudem die Ansprüche
aus §812 und aus § 249 Satz 2 BGB (Herstellungsanspruch bei Beschädigung von Person oder Sache) ohne Diskussion
neben die Einwendung aus § 254 BGB gestellt worden. Die Beschränkung ergibt sich bei § 249 Satz 2 BGB aus der
Geltung der gesetzlichen Regelung. Sie ist beim Zahlungsanspruch nicht fraglich, denn das Handelsrecht gibt einen
Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der ersparten Aufwendungen. Die Angemessenheit der Aufwendungen für
Ersatzbeschaffung ist ein enger Maßstab, es läßt sich so erklären, weshalb der Gläubiger, wenn er bei Verzug des
Schuldners einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen mit der Durchsetzung des Anspruchs beauftragt, nur die
angemessenen, nicht wenigstens die üblichen Kosten hierfür ersetzt verlangen kann.
Transportgeschäfte
Im Innenverhältnis muss der Gläubiger die übliche Vergütung bezahlen, wenn es eine solche gibt. Dann aber muss er
auch im Außenverhältnis die übliche Vergütung ersetzt bekommen. In
internationalen Transportgeschäften
wird dies auch anerkannt, vor allem für Dienstleistungen; allerdings unter Berücksichtigung der schutzwürdigen
Interessen des Schuldners. Es gibt im deutschen Recht Normen, die den Schädiger nur haften lassen, wenn er die
Sorgfalt verletzt hat, die er in eigenen Angelegenheiten anwendet. Dies ist der Fall der sogenannten „diligentia
quam in suis": Die Verbindung von § 254 BGB zu dieser besonderen Art von Fahrlässigkeit wird gezogen, sie liegt
aber nicht fern.